Ist Künstliche Intelligenz mit dem Urheberrecht vereinbar?


Künstliche Intelligenz und Urheberrecht

Die Bundesregierung setzt sich intensiv mit der Frage auseinander, wie die Künstliche Intelligenz (KI) und das Urheberrecht vereinbar sind. Sie untersucht die rechtlichen Implikationen und strebt an, entsprechende Regelungen auf EU-Ebene voranzutreiben. Dabei hebt sie mögliche rechtliche Schutzlücken hervor, die durch den zunehmenden Einsatz von generativen Technologien entstehen können.

Generative KI und rechtliche Rahmenbedingungen

Das deutsche Urheberrecht basiert größtenteils auf den Vorgaben des europäischen Rechts und steht im Einklang mit dem Grundrecht auf Eigentum, das in Artikel 14 des Grundgesetzes verankert ist. Dieser Artikel schützt das Eigentum, einschließlich immaterieller Güter wie geistige Werke. Dem Urheber wird in der Regel das ausschließliche Recht zur Nutzung und Verfügung über sein Werk zugesprochen. Allerdings handelt es sich um ein sogenanntes normgeprägtes Grundrecht, was bedeutet, dass der Gesetzgeber die genauen Grenzen und Inhalte des Eigentumsrechts festlegen muss. Dabei ist ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber und denen der Allgemeinheit zu finden. Eine solche Regelung findet sich in § 44b Absatz 3 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), wonach der Urheber im Rahmen von Text- und Data-Mining die Nutzung seiner Werke einschränken kann. Fehlt eine entsprechende gesetzliche Erlaubnis, muss eine Lizenz erworben werden. Das UrhG stellt jedoch auch bestimmte Nutzungsfreiheiten bereit, etwa für rechtmäßig zugängliche Werke, was eine Einschränkung der Verfügungsgewalt des Urhebers darstellt. Die Nutzung solcher Werke zum Trainieren von KI-Systemen ist durch § 44b UrhG abgedeckt, wie Erwägungsgrund 18 der DSM-Richtlinie, auf der die deutsche Umsetzung basiert, klarstellt.

Wissenschaft und geistiges Eigentum

Die Nutzung von geistigem Eigentum für wissenschaftliche Zwecke, insbesondere im Rahmen von Text- und Data-Mining, ist in § 60d UrhG geregelt. Gemäß Absatz 1 ist die Nutzung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Erlaubnis zulässig, jedoch nur für Forschungseinrichtungen. Für Forschungsorganisationen, die in Kooperation mit privaten Unternehmen stehen, welche einen erheblichen Einfluss auf die Forschungsprozesse haben und bevorzugten Zugang zu den Ergebnissen erhalten, greift diese Ausnahme nicht. Davon betroffen sind insbesondere KI-basierte Dienste wie ChatGPT und StableFusion, die vorwiegend in privater Hand sind.

Haftungsfragen für KI-Hersteller und -Nutzer

Im deutschen Recht bestehen Schadensersatzansprüche gegenüber Herstellern und Nutzern von KI-Systemen, wenn diese durch Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten Schäden verursachen. Die Haftung wird nach § 823 BGB geregelt, der deliktische Ansprüche für pflichtwidriges Verhalten umfasst. Europäische Richtlinien lassen es zu, dass die Haftungsregelungen auf nationaler Ebene umgesetzt werden.

Vergütungsansprüche bei internationalen Plattformen

Es existieren bereits Normen, die Vergütungsansprüche bei der Nutzung von Online-Inhalten regeln (siehe § 4 Absatz 4 und § 5 Absatz 2 des Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes, UrhDaG). Auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung (20. Legislaturperiode) wird das Ziel formuliert, eine faire Vergütung für die Nutzung von geistigem Eigentum – auch im Falle von Rechtsverletzungen – sicherzustellen.

Erkennungstechnologien für KI-Systeme

KI-Systeme, die gezielt das Urheberrecht oder Persönlichkeitsrechte umgehen, müssen identifiziert und überwacht werden. Hierbei spielen Forschungsprojekte, die von den sogenannten KI-Kompetenzzentren vorangetrieben und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden, eine wesentliche Rolle.

Welche Maßnahmen verfolgt die Bundesregierung auf EU-Ebene?

Im Kontext der Verhandlungen zur europäischen KI-Verordnung setzt sich die Bundesregierung für mehr Transparenz bei der Schulung von KI-Systemen ein. Sie unterstützt die im europäischen Vorschlag enthaltenen Kennzeichnungspflichten für generative KI-Systeme und spricht sich auch für weitergehende Kennzeichnungsvorschriften aus.

Zukünftige Anpassungen auf europäischer Ebene

Im Jahr 2026 wird die europäische Richtlinie einer Evaluierung unterzogen. Dabei wird unter anderem geprüft, ob die Option des maschinenlesbaren Opt-outs (vgl. § 44b Absatz 3 Satz 2 UrhG) durch eine explizite Zustimmungspflicht (Opt-in) ersetzt werden soll. Eine weitere zu klärende Frage betrifft die Unterscheidung zwischen rechtmäßig zugänglichen und illegalen Inhalten im Internet (vgl. § 44b Absatz 2 UrhG), die ebenfalls bei der Überprüfung im Jahr 2026 Berücksichtigung finden könnte.

Darüber hinaus hat die Europäische Kommission im September 2022 einen Vorschlag zur Überarbeitung der außervertraglichen zivilrechtlichen Haftungsregelungen vorgelegt. Die Verhandlungen zur vereinheitlichten KI-Verordnung und zur Änderung bestehender Unionsregelungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen, weshalb der Entwurf zur Haftung vorerst ausgesetzt wurde. Aktuell wird auch ein Richtlinienvorschlag zur Klärung der Haftungsfragen im Zusammenhang mit fehlerhaften Produkten diskutiert. Dieser Vorschlag stellt klar, dass Software, unabhängig von ihrem physischen Träger, unter die Regelungen fallen soll. Allerdings erwähnt der Vorschlag keine spezifische Bezugnahme auf KI, sodass er derzeit nicht für KI-Anwendungen relevant zu sein scheint.



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