von Adrian Peters | Jul 2, 2024 | Internetrecht
Offenlegung der Namen oder Löschung der Bewertungen
Wenn eine Bewertung möglicherweise rechtswidrig ist, sind Bewertungsplattformen verpflichtet, die Klarnamen der Nutzer offenzulegen oder die Bewertung zu löschen. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg) am 08.02.2023 (Az. 7 W 11/24).
Es gibt zahlreiche Bewertungsplattformen, darunter bekannte wie Kununu und Trustpilot. Im vorliegenden Fall ging es um die Bewertungsplattform Kununu, die auf Arbeitgeberbewertungen spezialisiert ist. Nutzer können hier anonym ihren Arbeitgeber bewerten, wobei Kriterien wie Arbeitsatmosphäre, Arbeitsbedingungen und Kommunikation zur Bewertung stehen.
Bedeutung von Bewertungen für Unternehmen
Bewertungen auf solchen Plattformen sind für Unternehmen von großer Bedeutung, insbesondere im Kontext des Fachkräftemangels. Eine positive Reputation ist entscheidend, um neue Talente anzuziehen. Schlechte Bewertungen können daher erheblichen Einfluss auf die Unternehmenswahrnehmung haben.
Antrag auf Löschung negativer Bewertungen
Die Antragstellerin, ein Start-up mit etwa 20 Mitarbeitern, sah sich mehreren negativen Bewertungen auf Kununu gegenüber und forderte deren Löschung. Kununu verlangte im Gegenzug Nachweise von der Antragstellerin, um die Rechtsverletzung zu belegen, und ließ die Nutzer anonymisierte Tätigkeitsnachweise vorlegen.
Entscheidung des Landgerichts und des OLG
Das Landgericht Hamburg hielt diese Nachweise für ausreichend, um die Echtheit der Bewertungen zu überprüfen. Das OLG Hamburg entschied jedoch anders und hob das Urteil des Landgerichts auf. Laut OLG reicht es aus, wenn das Unternehmen behauptet, dass keine ausreichende Grundlage für die Bewertung vorliegt, bis der Bewerter ausreichend identifiziert wird. Der Klarname des Nutzers muss offengelegt werden, damit das Unternehmen überprüfen kann, ob ein tatsächlicher Kontakt bestand.
Kein Rechtsmissbrauch durch zahlreiche Anfragen
Kununu hatte argumentiert, dass die zahlreichen Löschungsanfragen einen Rechtsmissbrauch darstellen könnten. Das OLG Hamburg sah dies jedoch nicht so, da es möglich ist, dass mehrere Bewertungen ohne ausreichende Grundlage abgegeben wurden.
Datenschutz und Bewertungsoffenlegung
Der Datenschutz muss bei solchen Fällen berücksichtigt werden, darf aber nicht dazu führen, dass Bewertungen weiterhin öffentlich zugänglich bleiben, wenn der geschäftliche Kontakt nicht geklärt ist. Unternehmen können die Rechtmäßigkeit einer Bewertung nur prüfen, wenn sie wissen, ob ein Kontakt zwischen dem Nutzer und dem Unternehmen bestanden hat.
Auswirkungen auf andere Plattformen
Diese Entscheidung betrifft auch andere Bewertungsplattformen wie Trustpilot. Unternehmen, die mit negativen Bewertungen auf solchen Plattformen konfrontiert sind, haben gute Chancen, dagegen vorzugehen. Bewertungsplattformen müssen entweder die Identität der Bewerter offenlegen oder die Bewertungen entfernen. Für rechtliche Unterstützung in solchen Fällen sollten Unternehmen anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um negative Bewertungen effektiv zu bekämpfen und das Unternehmensimage zu schützen.
Für weitere rechtliche Fragen kontaktieren Sie uns gern unter unserer Kanzleiadresse sbs-legal.de
Der Erstkontakt zu SBS LEGAL ist kostenlos.
von Adrian Peters | Feb 28, 2024 | Internetrecht
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat in einem kürzlich gefällten Urteil entschieden, dass die Grundsätze zur Haftung von Bewertungsportalen im Internet, die vom Bundesgerichtshof entwickelt wurden, auch auf Arbeitgeber-Bewertungsportale vollständig anwendbar sind. Diese Entscheidung erlaubt es Arbeitgebern, die Löschung einer Bewertung zu verlangen, wenn die Plattformbetreiber nicht in der Lage sind, die Identität der Bewertenden so zu klären, dass deren Authentizität überprüft werden kann.
Fordern der Löschung negativer Bewertungen
Im konkreten Fall verlangte eine Arbeitgeberin, dass zwei negative Bewertungen über ihr Unternehmen von einem Arbeitgeber-Bewertungsportal entfernt werden. Auf solchen Plattformen haben derzeitige und ehemalige Mitarbeiter, Auszubildende sowie Bewerber die Möglichkeit, Unternehmen in verschiedenen Kategorien zu bewerten. Das Portal verzeichnet über 5.300.000 Bewertungen zu mehr als 1.040.000 Arbeitgebern.
Die Antragstellerin bestritt die Existenz eines Kontakts zu den negativen Bewertern und forderte die Plattform zur Löschung der Bewertungen auf. Diese weigerte sich jedoch und verlangte nähere Beweise für die angeblichen falschen Tatsachenbehauptungen. Da der Arbeitgeber keine detaillierten Informationen vorlegte, wurden die Bewertungen nicht gelöscht.
Anonymisierte Informationen für den Arbeitgeber
Im Laufe des Verfahrens kontaktierte die Plattform die bewertenden Personen, forderte Nachweise ihrer Beschäftigung an und leitete diese anonymisiert an die Arbeitgeberin weiter. Das Landgericht Hamburg entschied zunächst, dass diese anonymen Informationen ausreichend seien, um die Authentizität der Bewertungen zu belegen. Das OLG Hamburg hob dieses Urteil jedoch auf und entschied zugunsten des Arbeitgebers.
BGH-Grundsätze gelten auch für Arbeitgeber-Bewertungen
Das OLG Hamburg argumentierte, dass Arbeitgeber ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 19 Abs. 3 des Grundgesetzes haben. Daraus ergibt sich der Anspruch, die Veröffentlichung von Bewertungen zu unterlassen, die ohne ausreichende Identifizierung des Bewertenden erfolgten. Betreiber von Bewertungsportalen haften zwar nur eingeschränkt, doch müssen sie bei Beschwerden von Arbeitgebern ausreichend sicherstellen, dass die Bewertungen von realen Personen mit einem tatsächlichen Kontakt zum Unternehmen stammen.
Nachvollziehbare Rüge
Eine konkrete Rüge der Bewertung ist bereits dann hinreichend, wenn der Arbeitgeber bestreitet, dass ein tatsächlicher Kontakt zwischen ihm und dem Bewertenden stattgefunden hat. Diese Rüge bleibt so lange bestehen, bis die Plattformbetreiber den Bewertenden so klar identifizieren, dass der Arbeitgeber die Echtheit des Kontakts überprüfen kann.
Kein Rechtsmissbrauch bei häufigen Rügen
Auch wenn ein Arbeitgeber eine Vielzahl an Bewertungen beanstandet, kann dies nicht automatisch als Rechtsmissbrauch angesehen werden. Die Plattformen können Bewertungen enthalten, die nicht auf tatsächlichen Kontakten beruhen. Der Einsatz von spezialisierten Kanzleien, die pauschale Honorare für die Beanstandung von Bewertungen erheben, führt ebenfalls nicht zwangsläufig zu einem Missbrauchsvorwurf.
Nachweise müssen Identifizierung ermöglichen
Die anonymisierten Nachweise, die im Rahmen des Verfahrens übermittelt wurden, reichten laut dem OLG nicht aus, um die Identität der Bewertenden zweifelsfrei festzustellen. Arbeitgeber müssen die Möglichkeit haben, selbst zu überprüfen, ob es sich bei den Bewertenden tatsächlich um Personen handelt, die bei ihnen beschäftigt waren.
Datenschutz kein Grund für fehlende Offenlegung
Die Betreiber von Bewertungsportalen können sich nicht auf den Datenschutz berufen, um die Identität der Bewertenden nicht offenzulegen. Selbst wenn datenschutzrechtliche Bestimmungen die Herausgabe der Identität erschweren, darf dies nicht dazu führen, dass die Bewertung online bleibt, solange dem Arbeitgeber die Möglichkeit der Überprüfung verwehrt wird. Das Geschäftsrisiko, dass Bewertende möglicherweise nicht identifiziert werden können oder wollen, liegt letztlich beim Betreiber des Bewertungsportals.
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von Adrian Peters | Dez 12, 2022 | Internetrecht, Onlinehandel, Wettbewerbsrecht
Eine positive Bewertung ist das A und O für Onlineshop-Betreiber
Im Bereich des E-Commerce sind Onlineshop-Betreiber mehr denn je auf positive Bewertungen angewiesen, um auf ihren Shop aufmerksam zu machen und das Vertrauen der Kunden für sich zu gewinnen. Daher sind Shopbetreiber besonders erpicht darauf, negative Bewertungen von ihrem Bewertungsprofil fern zu halten bzw. schnellstmöglich zu löschen. Nun entschied der BGH (Urteil vom 28.09.2022, Aktenzeichen VIII ZR 319/20) jedoch, dass kein Anspruch auf Entfernung einer negativen Bewertung bestehe, wenn es sich bei dieser nicht um eine Schmähkritik oder nachvertragliche Nebenpflichtverletzung handelt.
Käufer gab eine negative Bewertung zu den Versandkosten ab
Der Verfasser der Bewertung hatte bei der Klägerin, einer eBay-Verkäuferin, Gelenkbolzenschellen in Höhe von 19,20 Euro plus 4,90 Versandkosten bestellt. Als Grundlage des Verkaufes dienten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von eBay. Diesen wurde von den Parteien vor dem Verkauf zugestimmt. Als die Ware schließlich bei dem Käufer angekommen war, beschwerte sich dieser auf dem Bewertungsprofil der Verkäuferin allerdings mit den Worten „Ware gut, Versandkosten Wucher!!“ über die in Rechnung gestellten 4,90 Euro. Die Klägerin sah die Bewertung „Versandkosten Wucher“ als unzulässig an. Vor dem Amtsgericht Weiden erstrebte sie daher die Löschung des Eintrags.
Ist das noch von der Meinungsfreiheit gedeckt? Instanzen sind sich uneinig
Das Amtsgericht Weiden bestätigte in erster Instanz nicht den Anspruch der Klägerin auf Löschung der negativen Bewertung. Die Amtsrichter gingen nämlich weniger von einer Schmähkritik als von einem Werturteil mit einem Sachbezug aus, da sich die Bewertung auf die Versandkosten bezöge. Damit wäre sie zulässig. Dies sah die 2. Instanz des Landgerichts Weiden allerdings anders. Hier wurde ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot nach § 8 Nummer 2 Satz 2 der eBay-AGB angenommen. Damit liegt eine nachvertragliche Nebenpflichtverletzung vor. Die entsprechende Klausel in den AGB spreche nämlich davon, dass die Nutzer dazu angewiesen wurden, in ihren Bewertungen bloß wahrheitsgemäße Angaben zu tätigen. Schmähkritik dürfen diese nicht enthalten. Bei der Bewertung der Käuferin handele es sich aber um eine überspitzte Beurteilung fern von jeder sachlichen Begründung. Ein objektiver Leser könne nicht nachvollziehen, weshalb es sich bei den Versandkosten um Wucher handle. Folglich habe dies beim Verkäufer zu einem Schaden geführt, da negative Bewertungen kein gutes Licht auf den Onlineshop der Verkäuferin werfen. Ihre Vertrauenswürdigkeit wurde in Mitleidenschaft gezogen.
Eine von der Meinungsfreiheit gedeckte negative Bewertung kann nicht gelöscht werden
Letztendlich entschied der BGH, dass die negative Bewertung auf dem eBay-Bewertungsprofil nicht gelöscht werden dürfe. Die Grenze zur Schmähkritik sei mit den Worten „Versandkosten Wucher!!“ nämlich nicht übertreten worden. Die Schmähkritik sei aufgrund der ihrerseits das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) eingrenzenden Wirkung stets eng zu interpretieren. So sei eine Schmähung nicht bereits bei einer ungerechten oder ausfallenden Kritik erreicht, sondern wenn die Diffamierung des Betroffenen im Mittelpunkt stehe und nicht länger nur die Auseinandersetzung in der Sache. Die betroffene Person müsste in überspitzter und polemischer Kritik herabgesetzt und angeprangert worden sein. Die Diffamierung der Person stehe im vorliegenden Fall jedoch nicht im Vordergrund. In der Bewertung setzte sich der Käufer vielmehr mit der gewerblichen Leistung in Form der Versandkosten auseinander, was auch ohne jegliche Begründung einem Werturteil entspreche.
eBay-AGB enthalten keine vertraglichen Beschränkungen
In den § 8 Absatz 2 Satz 2 der eBay-AGB finden sich selbst keine keine strengeren vertraglichen Beschränkungen. Der Wortlaut sei zwar nicht eindeutig, fest stehe aber, dass es den AGB an einer expliziten Definition des unbestimmten Rechtsbegriff „sachlich“ mangele. Daher sei die Klausel durchaus so zu verstehen, dass dem Sachlichkeitsgebot aus § 8 Absatz 2 Satz 2 der eBay-AGB im Verhältnis zum Verbot der Schmähkritik kein eigenständiges Gewicht zukommen solle.
Generell sollte sich die Zulässigkeit grundrechtsrelevanter Bewertungen an den bestehenden Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Schmähkritik orientieren, um die Voraussetzungen an die Zulässigkeit von Bewertungskommentaren sowohl für eBay als auch für deren Nutzer verständlicher zu gestalten. Hätte man den Nutzern zu Beginn eine schärfere Einschränkung an die Hand gegeben – indem man sie angewiesen hätte Bewertungen durchweg sachlich zu halten -, wäre es auch nicht notwendig gewesen die Schmähkritikgrenze explizit in den AGB zu erwähnen. Würde man die Bewertung eines Kunden sofort als unzulässig einordnen, sobald sie nicht sachlich begründet und /oder herabsetzend formuliert worden ist, würde man die Meinungsfreiheit des Käufers vorweg weniger als die Grundrechte des Verkäufers priorisieren, was dem Verständnis von rechtlich verständigen Vertragsparteien entgegen wirkt.