von Adrian Peters | Apr 15, 2023 | Allgemein, Internetrecht
Arbeitgeber nutzen soziale Netzwerke, um sich Informationen über ihre Arbeitnehmer zu verschaffen
- Trotz Inkrafttreten der DSGVO gibt es keine ausreichenden Regelungen zum Datenschutz des Arbeitnehmers.
- Eine Mitgliedschaft bei Xing oder LinkedIn kann eine Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses darstellen.
Drei Viertel der deutschen Bevölkerung gehen täglich online. Dabei nutzen die 14-29 Jährigen fast zu 100% täglich das Internet. Die Social-Media-Plattform Instagram weist dabei mit seinen27,5 Millionen monatlichen Nutzern in Deutschland eine besonders große Reichweite auf. Aber auch Facebook mit 24,5 Millionen sowie Xing als das führende berufliche Netzwerk im deutschsprachigen Raum mit 18,5 Millionen Nutzern sind beliebte Social Networks, die täglich mit neuen Daten, Bildern und Informationen gefüllt werden. Ebenso eine neue und beliebte Plattform ist TikTok mit 20,6 Millionen monatlichen Nutzern, auf welcher diese kurze Videos teilen können. Dabei können die sozialen Netzwerke neben der zwischenmenschlichen Interaktion ebenso als Informationsquelle für jedermann über alles und jeden genutzt werden.
Zum Beispiel auch von Arbeitgebern, die sich ohne Weiteres Informationen über ihre Arbeitnehmer verschaffen und Bilder ansehen können. Möglicherweise ziehen sie Rückschlüsse, wegen derer sie den Bewerber nicht einstellen oder die in einem bestehenden Arbeitsverhältnis Streitigkeiten und Rechtsprobleme mit sich bringen, die eine Abmahnung oder gar Kündigung zur Folge haben.
Stellt sich die Frage: Ist der Arbeitgeber überhaupt berechtigt, die Profile seiner Arbeitnehmer anzuschauen, zu kritisieren und von privaten Postings auf das Berufsleben zu schlussfolgern? Oder stellt dies eine Verletzung der Arbeitnehmerrechte dar?
Trotz Inkrafttreten der neuen Datenschutz-Grundverordnung gibt es nach wie vor keine ausreichenden Regelungen zum Datenschutz des Arbeitnehmers. Dieser Zustand wird von vielen Seiten kritisiert. Der Gesetzgeber hat es im Rahmen der umfangreichen Neuerungen im Datenschutz versäumt, verbindliche Regeln für die entscheidenden Probleme des Beschäftigtendatenschutzes zu normieren. Das Bundesdatenschutzgesetz schützt den Arbeitnehmer nicht ausreichend.
Situation vor Begründung des Arbeitsverhältnisses
Eine große Rolle spielen die sozialen Netzwerke bereits vor der Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen der Bewerberauswahl. Der Grund: Regelmäßig werden Daten des Stellenaspiranten aus Quellen im Internet genutzt. Grundsätzlich regelt das Bundesdatenschutzgesetz hierzu, dass Nachforschungen in den Social-Media-Konten der Bewerber nicht erlaubt sind. Ausnahmsweise ist das jedoch dann zulässig, wenn die erhobenen Daten für die Einstellung des Bewerbers notwendig und entscheidend sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die Daten auch relevant sind. Das wären sie beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber Zweifel an der Richtigkeit des Lebenslaufes hätte. Voraussetzung für eine rechtmäßige Datenerhebung ist jedoch, dass die gesammelten Fotos, Informationen, etc. in einem Zusammenhang mit dem angestrebten Arbeitsverhältnis stehen. Ansonsten ist die Datenerhebung dem Arbeitgeber untersagt. Das Problem am Bundesdatenschutzgesetz ist, dass es den Arbeitnehmer nur formal schützt. Würde der Bewerber eine Absage aufgrund eines dem Arbeitgeber missfallenden Postings erhalten, wäre es im Normalfall nicht nachweisbar, dass sich der potenzielle Arbeitgeber genau deswegen gegen ihn entschieden hat.
Situation im bestehenden Arbeitsverhältnis
Heute gilt: Es stellt keinen Eingriff in die Privatsphäre dar, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern bei Instagram & Co. folgt. Wenn der Angestellte seine Daten, Bilder und Postings öffentlich zugänglich macht, muss ihm bewusst sein, dass nicht nur Freunde und Bekannte von diesen Informationen Kenntnis erhalten. Grundsätzlich ist die Mitgliedschaft in privat genutzten Netzwerken dem Privatleben des Arbeitnehmers zuzuordnen. Von einem pflichtbewussten Beschäftigten kann jedoch erwartet werden, dass er auf offensichtlich unangemessene und besonders polarisierende Darstellungen seiner Person, die in direktem Zusammenhang mit der Beschäftigung zu sehen sind, auf den sozialen Plattformen zum Schutz des Unternehmensimage verzichtet. Je nach Ausmaß der Veröffentlichungen des Arbeitnehmers steht es dem Arbeitgeber frei, angemessene arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen.
Grundsätzlich kommt es immer auch darauf an, was im Arbeitsvertrag geregelt ist. Denn dieser konkretisiert die Pflichten des Arbeitnehmers aber auch das Weisungsrecht der Arbeitsgebers. Denn oft ist heutzutage Social-Media Kern des Jobs und Anweisungen gegenüber beispielsweise einem Social-Media-Manager natürlich erlaubt. Jedoch umfasst die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers nicht die persönliche Lebensgestaltung des Beschäftigten. So können Angestellte nicht dazu verpflichtet werden, Beiträge mit privaten Accounts zu liken oder zu teilen. Auch kann der Arbeitgeber nicht fordern, dass das Unternehmen auf dem privaten Profil erwähnt wird, da dies eine Einschränkung der Arbeitnehmerrechte darstellen würde.
Sonderfall Xing und LinkedIn
Anders verhält es sich bei berufsorientierten Netzwerken wie zum Beispiel Xing oder LinkedIn. Eine Mitgliedschaft auf diesen Plattformen kann eine Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses darstellen. Allerdings gilt auch hier der Schutz der personenbezogenen Daten, die somit die Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers aufzeigen.
Gehören die Pflege und der Auftritt des Unternehmens zum Aufgabenbereich des Arbeitnehmers, hat er sich an die vorgegebenen Inhalte und die Richtlinien des Betriebs zu halten, vorausgesetzt, es gibt welche. Entscheidend ist auch die Frage, ob die in sozialen Netzwerken dokumentierten Äußerungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers, welche den Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen beleidigen, bedrohen oder unwahr sind, auch zu einer Abmahnung oder sogar Kündigung ohne vorherige Abmahnung führen können.
Der Arbeitnehmer darf die strafrechtlichen Grenzen grundsätzlich nicht überschreiten. Dies gilt sowohl für Äußerungen in Social Networks als auch in der realen Welt. Dabei kann er sich auch nicht auf den Schutz seines privaten Accounts berufen, wenn er seine Postings allgemein zugänglich gemacht hat. Auch das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erreichen hier ihre Grenzen.
Der Arbeitnehmer kann nicht dazu aufgefordert werden, sein gesamtes Privatleben auf das Ansehen des Arbeitgebers abzustimmen. Dennoch unterliegt er den Grenzen des Rücksichtnahmegebots, welches bei strafrechtlich relevanten Äußerungen überschritten wird. Grundsätzlich ist er zu Verschwiegenheit und Loyalität verpflichtet. Dies gilt nicht erst seit der Erfindung der sozialen Netzwerke. Betriebsgeheimnisse dürfen seit jeher nicht preisgegeben werden. So enthält jeder professionelle Arbeitsvertrag eine Klausel zu den Konsequenzen bei unberechtigter Weitergabe von Betriebsgeheimnissen. Diese Vorschriften wirken ebenso bei der Veröffentlichung solcher Angaben auf sozialen Plattformen. Hier kann der Verstoß des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber noch gravierender sein, da die Äußerung in der Regel eine höhere Reichweite hat.
Empfehlung für Social-Media-Richtlinien
Die sozialen Medien bieten auch im Arbeitsrecht keinen rechtsfreien Raum. Aufgrund der nach wie vor unklaren Rechtslage kann den Arbeitsvertragsparteien jeweils nur empfohlen werden, Maßnahmen zu treffen, die Missverständnissen und Konflikten vorbeugen.
So kann der Arbeitgeber sogenannte Social-Media-Guidelines in den Arbeitsvertrag aufnehmen. Diese Regeln sollten für sämtliche Angehörige des Unternehmens gelten und neben der Positionierung der Firma in sozialen Netzwerken Datenschutzhinweise und auch die Nutzung des Internets am Arbeitsplatz beinhalten. Sollte ein Betriebstrat bestehen, muss dieser der Einführung der Social-Media-Richtlinien zustimmen. Das Unternehmen sollte eindeutig die Vorgaben zum Internetauftritt in Bezug auf Sprache, Inhalt und Form der Präsentation kommunizieren. Arbeitgeber sollten auch auf notwendige Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Mitarbeiter achten. Grundlagen zum Thema allgemeines Persönlichkeitsrecht, Meinungsfreiheit, Urheber- und Markenrecht sowie zu den aktuellen Datenschutzbestimmungen sollten vorhanden sein.
Der Arbeitnehmer sollte sich vor dem Anlegen eines Profils in einem sozialen Netzwerk darüber bewusst werden, dass potenziell jeder allgemein zugängliche Daten einsehen und daraus Rückschlüsse ziehen kann. Somit sollte sich jeder vor der Veröffentlichung überlegen, was er preisgeben möchte. Auf den Plattformen kann die Sichtbarkeit der Daten und Postings explizit eingestellt werden. So kann jeder weitestgehend für sich entscheiden, wie viel er der Öffentlichkeit zugänglich machen möchte.
Bei weiteren Fragen zu diesem oder anderen Themen kontaktieren Sie gern und jederzeit in unserer Kanzlei SBS LEGAL Rechtsanwälte Schulenberg und Partner.
von Adrian Peters | Feb 27, 2023 | Allgemein, Internetrecht, Onlinehandel
Shopify ist ein Online-Shop, der erstmals 2006 in Kanada an den Start ging. Über diese Webseite kann man, wie in einem Einzelhandelsgeschäft eigene Waren verkaufen und Produkte auf Marktplätzen und sozialen Medien anbieten. Man braucht für diese Webseite keine Programmierkenntnisse, da Shopify so etwas wie einen Webseite-Baukasten bildet. Das System gibt Verkäufer und Verkäuferinnen alle notwendigen Mittel mit an die Hand, so dass man sich eigentlich nur um das Verkaufen und das Marketing kümmern muss. Das Layout und die Einrichtung des Online-Shops werden von Shopify selbst übernommen. Man kann mit monatlichen Abos seinen Shop in verschiedenen Größen anbieten. Je umfangreicher die tools, desto teurer der monatliche Betrag.
„Mein Shopify Konto wurde gesperrt!“ – Es kann durchaus mal vorkommen, dass der Online-Shop wegen der Verletzung von Richtlinien gesperrt ist. Dann ist natürlich sofort die Frage, was mit dem Shopify-Abo geschieht und ob man noch zahlen muss. Wenn Ihr Konto gesperrt ist, kann sich das beispielsweise auf die Erfahrung der Kunden und die Bewertungen ihres Online-Shops auswirken. Wie Sie Hilfe erhalten bei einer Sperrung des Shopify Kontos, erfahren Sie in diesem Beitrag. Wenn Ihr PayPal-Konto gesperrt ist, finden Sie Hilfe in unserem dazugehörigen Beitrag .
Shopify E-Mail: Kontosperrung prüfen
Wenn Sie eine E-Mail von Shopify erhalten haben, in welcher Sie darüber informiert wurden, dass Ihr Account gesperrt wurde, dann können Sie direkt über die E-Mail anfragen, diese Sperre aufzuheben. Das Shopify Team wird sich dann umgehend bei Ihnen melden.
Die Sperrung erfolgt manchmal aus Sicherheitsgründen, da es vorkommen kann, dass Sie ein unsicheres Passwort verwenden, welches von Hackern herausgefunden wurde. Es passiert tatsächlich auch oft, dass andere Leute die Passwörter von solchen Online-Shops herausfinden, um aktiv Sperrungen zu provozieren. In diesem Fall ist es auch sehr wichtig, nicht auf Phishing-Mails hereinzufallen.
Phishing-Mails sind E-Mails, die größere Unternehmen und bekannte Marken kopieren, um an Informationen heranzukommen. Wenn Sie beispielsweise einen Link in der Mail klicken und Ihr Passwort eingeben, dann landet das sofort bei den Hackern. Phishing-Mails kann man leicht ausfindig machen, wenn man die Absender E-Mail Adresse genau betrachtet. Hier sind meistens viele Ziffern zufällig aneinander gereiht. Wenn Sie auf so eine E-Mail hereingefallen sind, zögern Sie nicht und ändern Sie sofort Ihr Passwort. Schreiben Sie außerdem direkt eine Nachricht an Ihren Datenschutz-Experten oder Anwalt. In solchen Fällen helfen unsere Anwälte für Datenschutzrecht und Internetrecht natürlich gerne weiter.
Shopify Account: Richtlinien beachtet?
Es kann mitunter auch vorkommen, dass Sie sich eine Pause von Ihrem Online-Shop gönnen möchten. Hierfür gibt es die Option, den Marktplatz aufgrund eines Urlaubs zu pausieren oder gar endgültig zu löschen. Es kann sein, dass entweder Sie oder ein Mitglied in Ihrem Team den Shopify Account pausiert hat. Dann ist das Problem leicht zu beheben. Sie müssen nur das Konto reaktivieren. Dafür benötigen Sie auch keinen Shopify-Service. Wenn Sie eine Shopify-Mail bekommen haben, weil Sie gegen Richtlinien verstoßen haben, dann sollten Sie sofort handeln. Schreiben Sie uns gerne sofort eine Nachricht und wir übernehmen alle weiteren Schritte für Sie. Meistens dauert es sehr lange, bis der Shopify-Kundenservice antwortet. Da Wir aber über genügend juristische Mittel verfügen, können wir unter Umständen auch eine einstweilige Verfügung erwirken.
Einstweilige Verfügung gegen Shopify Kontosperrung
Eine Einstweilige Verfügung kommt bei einer Shopify Kontosperrung, ähnlich wie bei einer PayPal Kontosperrung, dann in betracht, wenn sich die Angelegenheit außergerichtlich nicht regeln lässt. Durch dieses Vorgehen kann Ihr Shopify Konto schnell wieder freigeschaltet werden, sodass Sie keine Verluste oder negative Bewertungen zu verzeichnen haben. Dabei muss aber unbedingt die Monatsfrist beachtet werden. Wenn man zu lange wartet, dann widerspricht der Dringlichkeit, die für einen einstweiligen Rechtsschutz vorausgesetzt wird. Danach kommt nur noch die Klage zur Hauptsache in Betracht, welche sich ebenfalls über längere Zeit ziehen kann. Zögern Sie also nicht, bei einer Kontosperrung oder bei einer Account-Sperre sofort einen Anwalt zu Rate zu ziehen.
von Adrian Peters | Jun 24, 2022 | Abmahnung
Inhalte löschen, ja! Account deaktivieren, nein?
Bereits im März 2022 hat das OLG Dresden entschieden, dass die Plattform-Betreiber ungewollte Social-Media-Accounts auf Facebook, Instagram & Co nur deaktivieren können, wenn sie vorher eine Abmahnung erteilten. Das gilt auch dann, zuvor bereits mehrere Beiträge des Nutzers oder der Nutzerin gelöscht wurden und auch dann, wenn der Nutzer oder die Nutzerin vorher gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hat.
Bei rechtlichen Problemen im Bereich Internetrecht schreiben Sie gern an Mail an mail@sbs-legal.de
Der Erstkontakt ist immer kostenlos!
Rechtswidrige Inhalte hochgeladen und von Betreiber gelöscht
Der Nutzer hatte auf einer Social-Media-Plattform einige Beiträge hochgeladen, die vom Plattform-Betreiber gelöscht wurden. Die Beiträge beinhalteten mehrere Videos von rechtsextremen Anhängern und Bewegungen. Sodann wurde sein Konto gesperrt und deaktiviert. Die Nutzungsbedingungen wurden Bestandteil des Vertrags, da der Nutzer zu Beginn zugestimmt hatte.
Der Nutzer konnte hiernach weder neue Beiträge posten, noch fremde Beiträge kommentieren oder mit anderen Nutzern texten. Grund hierfür (laut Beklagtenseite) war, dass die Gemeinschaftsstandards nicht eingehalten wurden.
Kläger fordert Betreiber auf Konto „clean“ zu entlasten
Der Kläger war mit der Vorgehensweise nicht einverstanden und forderte die Beklagte sodann auf, das deaktivierte Profil und alle dazugehörigen connections (Verknüpfungen) zu anderen Profilen wiederherzustellen. Außerdem solle die Beklagte dazu verurteilt werden, die auf ihrem Server gespeicherten Daten des Klägers zu berichtigen, indem alle Sperrvermerke und Löschvermerke aus dem Datensatz der Nutzer gelöscht werden.
Alle Zähler, die die einzelnen Verstöße und die damit verbundenen Sperren speichern, sollen vollständig zurückgesetzt werden, damit der Kläger ein „unbelastetes Profil“ hat. Schließlich solle das Gericht die Beklagte auffordern, es zu unterlassen, den Kläger weiterhin zu sperren oder sein Konto zu deaktivieren, ohne vorher über die Sperrung oder Deaktivierung zu informieren. Es soll damit eine Möglichkeit der Äußerung geschaffen werden, damit der anschließend neu beschieden werden kann.
Keine Abmahnung nötig: Verletzung der Gemeinschaftsstandards
Im streitigen Post des Klägers wurde eine rechtsextremistische Bewegung mit gefährlichen Personen und Vereinigungen dargestellt, sodass das OLG Dresden entschied, dass es einer Abmahnung wegen der Schwere der Verstöße nicht bedürfe. „Hassorganisationen“ sollen nach den Gemeinschaftsstandards nicht gefördert oder verbreitet werden. So eine Unterstützung der Identitären werde nicht toleriert.
Verletzung von Grundrechten
Der Kläger hatte früher bereits eine Verlinkung vorgenommen, welche sodann von der Plattform gelöscht wurde. Die Beklagte sieht hierin ein Verhalten und ein Grund für eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung. Jedoch muss bei einer vorübergehenden Deaktivierung oder dauernden Aussetzung oder Kündigung des Kontos eine Abwägung der Grundrechte vorgenommen werden. Dies erfolgt im Wege einer praktischen Konkordanz. Das bedeutet, dass gleichrangige Verfassungsnormen, die miteinander kollidieren, gegeneinander abgewogen werden sollen, damit das eine Grundrecht nicht hinter dem anderen einfach so zurücktritt.
Hierfür hätte der Netzwerk-Betreiber bereits vor der Kündigung noch einige zumutbare Maßnahmen ergreifen müssen, um den Sachverhalt aufzuklären. Dies gilt erst recht, wenn die Kündigung des Nutzerkontos nicht vorübergehend, sondern dauerhaft ist, weil der Nutzer hierbei in seinen Grundrechten viel stärker eingeschränkt wird. In Betracht kommt das allgemeine Persönlichkeitsrecht gem. Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG. Ein vorübergehendes Versetzen in den „read only“ Modus (Nur berechtigt, zu lesen, nicht zu interagieren), ist nicht so eingreifend. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bei Sperren in sozialen Medien spielt auch eine wichtige Rolle, sodass wir hierzu bereits einen Beitrag verfasst haben.
Anspruch des Klägers – Nutzungsvertrag besteht weiterhin
Das OLG Dresden entschied daher, dass der Kläger einen Anspruch auf vollständige Wiederherstellung seines Nutzerkontos gem. §§ 280, 249 des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) habe. Die Kündigung bzw. Deaktivierung des Kontos berührt nicht den Bestand des Nutzungsvertrags. Dieser ist weiterhin gültig, da die Kündigung des Nutzungsvertrages ungültig, somit unwirksam sei. Das Gericht verurteilte somit die Beklagte zur Wiederherstellung des Kontos und zur Zurücksetzung des Zählers, der die Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen festhält. Dieser Entscheidung liegt das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29.07.2021, Az. III ZR 179/20, III ZR 192/20zugrunde.