von Adrian Peters | Jul 19, 2024 | Internetrecht
Kunden müssen über den Verkauf eines Online-Shops und die Übertragung ihrer Daten informiert werden
Wenn ein Online-Shop verkauft wird, stellt der bestehende Kundenstamm einen wichtigen Bestandteil des Wertes dar. Der Verkauf des Shops darf jedoch nicht ohne die Information der Kunden über den Verkauf und die damit verbundene Übertragung ihrer Daten erfolgen. Je nachdem, wie lange die letzte Bestellung eines Kunden zurückliegt, gibt es unterschiedliche Anforderungen an die Informationspflicht.
E-Mail als geeignetes Kommunikationsmittel für die Kundeninformation
Um den organisatorischen Aufwand für die Erfüllung der Informationspflichten zu minimieren, eignet sich der Versand von E-Mails am besten. Dabei ist jedoch das Verbot unerwünschter Werbung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten. Dieses Gesetz besagt, dass Werbung per E-Mail eine ausdrückliche Einwilligung der Empfänger erfordert. Enthält die E-Mail neben Informationen über den Verkauf des Online-Shops auch werbliche Inhalte, wird die gesamte Nachricht als werbliche Kommunikation eingestuft und darf ohne Einwilligung der Empfänger nicht versendet werden.
Handelt es sich jedoch ausschließlich um sachliche Informationen über den Verkauf des Shops, die damit verbundene Datenverarbeitung und die Rechte der Kunden, so wird dies als Unternehmenskommunikation betrachtet und fällt nicht unter das Werbeverbot. In solchen Fällen ist keine Einwilligung der Kunden erforderlich.
Verzicht auf Werbung in der Benachrichtigung über den Verkauf des Online-Shops
Um rechtlich sicher zu handeln, sollte eine E-Mail, die den Kunden über den Verkauf des Shops und die Übertragung der Kundendaten informiert, frei von jeglicher Werbung sein. Dies bedeutet, dass weder Produktbeschreibungen, Preisangaben, noch Anmeldelinks für Newsletter, Rabattaktionen, Gutscheincodes oder Werbeslogans enthalten sein dürfen. Die E-Mail sollte sich ausschließlich auf die Informationen über den Verkauf und die damit verbundenen Rechte der Kunden konzentrieren.
Unterschiedliche Anforderungen je nach Zeitpunkt der letzten Bestellung
Die Anforderungen an die Informationspflicht hängen davon ab, wie lange die letzte Bestellung des Kunden zurückliegt. Kunden, die innerhalb der letzten drei Jahre eine Bestellung getätigt haben, müssen lediglich über den Verkauf des Shops und den geplanten Datentransfer informiert werden. Dabei muss ihnen auch die Möglichkeit eingeräumt werden, der Übertragung ihrer Daten zu widersprechen. Hierfür ist eine Frist von mindestens drei Wochen vorgesehen.
Kunden, deren letzte Bestellung mehr als drei Jahre zurückliegt, müssen nicht nur über den Verkauf informiert werden. In diesen Fällen ist es erforderlich, dass der Kunde der Übertragung seiner Daten ausdrücklich zustimmt. Ohne diese Einwilligung darf der Datentransfer nicht erfolgen.
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von Adrian Peters | Jul 2, 2024 | Internetrecht
Offenlegung der Namen oder Löschung der Bewertungen
Wenn eine Bewertung möglicherweise rechtswidrig ist, sind Bewertungsplattformen verpflichtet, die Klarnamen der Nutzer offenzulegen oder die Bewertung zu löschen. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg) am 08.02.2023 (Az. 7 W 11/24).
Es gibt zahlreiche Bewertungsplattformen, darunter bekannte wie Kununu und Trustpilot. Im vorliegenden Fall ging es um die Bewertungsplattform Kununu, die auf Arbeitgeberbewertungen spezialisiert ist. Nutzer können hier anonym ihren Arbeitgeber bewerten, wobei Kriterien wie Arbeitsatmosphäre, Arbeitsbedingungen und Kommunikation zur Bewertung stehen.
Bedeutung von Bewertungen für Unternehmen
Bewertungen auf solchen Plattformen sind für Unternehmen von großer Bedeutung, insbesondere im Kontext des Fachkräftemangels. Eine positive Reputation ist entscheidend, um neue Talente anzuziehen. Schlechte Bewertungen können daher erheblichen Einfluss auf die Unternehmenswahrnehmung haben.
Antrag auf Löschung negativer Bewertungen
Die Antragstellerin, ein Start-up mit etwa 20 Mitarbeitern, sah sich mehreren negativen Bewertungen auf Kununu gegenüber und forderte deren Löschung. Kununu verlangte im Gegenzug Nachweise von der Antragstellerin, um die Rechtsverletzung zu belegen, und ließ die Nutzer anonymisierte Tätigkeitsnachweise vorlegen.
Entscheidung des Landgerichts und des OLG
Das Landgericht Hamburg hielt diese Nachweise für ausreichend, um die Echtheit der Bewertungen zu überprüfen. Das OLG Hamburg entschied jedoch anders und hob das Urteil des Landgerichts auf. Laut OLG reicht es aus, wenn das Unternehmen behauptet, dass keine ausreichende Grundlage für die Bewertung vorliegt, bis der Bewerter ausreichend identifiziert wird. Der Klarname des Nutzers muss offengelegt werden, damit das Unternehmen überprüfen kann, ob ein tatsächlicher Kontakt bestand.
Kein Rechtsmissbrauch durch zahlreiche Anfragen
Kununu hatte argumentiert, dass die zahlreichen Löschungsanfragen einen Rechtsmissbrauch darstellen könnten. Das OLG Hamburg sah dies jedoch nicht so, da es möglich ist, dass mehrere Bewertungen ohne ausreichende Grundlage abgegeben wurden.
Datenschutz und Bewertungsoffenlegung
Der Datenschutz muss bei solchen Fällen berücksichtigt werden, darf aber nicht dazu führen, dass Bewertungen weiterhin öffentlich zugänglich bleiben, wenn der geschäftliche Kontakt nicht geklärt ist. Unternehmen können die Rechtmäßigkeit einer Bewertung nur prüfen, wenn sie wissen, ob ein Kontakt zwischen dem Nutzer und dem Unternehmen bestanden hat.
Auswirkungen auf andere Plattformen
Diese Entscheidung betrifft auch andere Bewertungsplattformen wie Trustpilot. Unternehmen, die mit negativen Bewertungen auf solchen Plattformen konfrontiert sind, haben gute Chancen, dagegen vorzugehen. Bewertungsplattformen müssen entweder die Identität der Bewerter offenlegen oder die Bewertungen entfernen. Für rechtliche Unterstützung in solchen Fällen sollten Unternehmen anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um negative Bewertungen effektiv zu bekämpfen und das Unternehmensimage zu schützen.
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von Adrian Peters | Feb 28, 2024 | Internetrecht
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat in einem kürzlich gefällten Urteil entschieden, dass die Grundsätze zur Haftung von Bewertungsportalen im Internet, die vom Bundesgerichtshof entwickelt wurden, auch auf Arbeitgeber-Bewertungsportale vollständig anwendbar sind. Diese Entscheidung erlaubt es Arbeitgebern, die Löschung einer Bewertung zu verlangen, wenn die Plattformbetreiber nicht in der Lage sind, die Identität der Bewertenden so zu klären, dass deren Authentizität überprüft werden kann.
Fordern der Löschung negativer Bewertungen
Im konkreten Fall verlangte eine Arbeitgeberin, dass zwei negative Bewertungen über ihr Unternehmen von einem Arbeitgeber-Bewertungsportal entfernt werden. Auf solchen Plattformen haben derzeitige und ehemalige Mitarbeiter, Auszubildende sowie Bewerber die Möglichkeit, Unternehmen in verschiedenen Kategorien zu bewerten. Das Portal verzeichnet über 5.300.000 Bewertungen zu mehr als 1.040.000 Arbeitgebern.
Die Antragstellerin bestritt die Existenz eines Kontakts zu den negativen Bewertern und forderte die Plattform zur Löschung der Bewertungen auf. Diese weigerte sich jedoch und verlangte nähere Beweise für die angeblichen falschen Tatsachenbehauptungen. Da der Arbeitgeber keine detaillierten Informationen vorlegte, wurden die Bewertungen nicht gelöscht.
Anonymisierte Informationen für den Arbeitgeber
Im Laufe des Verfahrens kontaktierte die Plattform die bewertenden Personen, forderte Nachweise ihrer Beschäftigung an und leitete diese anonymisiert an die Arbeitgeberin weiter. Das Landgericht Hamburg entschied zunächst, dass diese anonymen Informationen ausreichend seien, um die Authentizität der Bewertungen zu belegen. Das OLG Hamburg hob dieses Urteil jedoch auf und entschied zugunsten des Arbeitgebers.
BGH-Grundsätze gelten auch für Arbeitgeber-Bewertungen
Das OLG Hamburg argumentierte, dass Arbeitgeber ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 19 Abs. 3 des Grundgesetzes haben. Daraus ergibt sich der Anspruch, die Veröffentlichung von Bewertungen zu unterlassen, die ohne ausreichende Identifizierung des Bewertenden erfolgten. Betreiber von Bewertungsportalen haften zwar nur eingeschränkt, doch müssen sie bei Beschwerden von Arbeitgebern ausreichend sicherstellen, dass die Bewertungen von realen Personen mit einem tatsächlichen Kontakt zum Unternehmen stammen.
Nachvollziehbare Rüge
Eine konkrete Rüge der Bewertung ist bereits dann hinreichend, wenn der Arbeitgeber bestreitet, dass ein tatsächlicher Kontakt zwischen ihm und dem Bewertenden stattgefunden hat. Diese Rüge bleibt so lange bestehen, bis die Plattformbetreiber den Bewertenden so klar identifizieren, dass der Arbeitgeber die Echtheit des Kontakts überprüfen kann.
Kein Rechtsmissbrauch bei häufigen Rügen
Auch wenn ein Arbeitgeber eine Vielzahl an Bewertungen beanstandet, kann dies nicht automatisch als Rechtsmissbrauch angesehen werden. Die Plattformen können Bewertungen enthalten, die nicht auf tatsächlichen Kontakten beruhen. Der Einsatz von spezialisierten Kanzleien, die pauschale Honorare für die Beanstandung von Bewertungen erheben, führt ebenfalls nicht zwangsläufig zu einem Missbrauchsvorwurf.
Nachweise müssen Identifizierung ermöglichen
Die anonymisierten Nachweise, die im Rahmen des Verfahrens übermittelt wurden, reichten laut dem OLG nicht aus, um die Identität der Bewertenden zweifelsfrei festzustellen. Arbeitgeber müssen die Möglichkeit haben, selbst zu überprüfen, ob es sich bei den Bewertenden tatsächlich um Personen handelt, die bei ihnen beschäftigt waren.
Datenschutz kein Grund für fehlende Offenlegung
Die Betreiber von Bewertungsportalen können sich nicht auf den Datenschutz berufen, um die Identität der Bewertenden nicht offenzulegen. Selbst wenn datenschutzrechtliche Bestimmungen die Herausgabe der Identität erschweren, darf dies nicht dazu führen, dass die Bewertung online bleibt, solange dem Arbeitgeber die Möglichkeit der Überprüfung verwehrt wird. Das Geschäftsrisiko, dass Bewertende möglicherweise nicht identifiziert werden können oder wollen, liegt letztlich beim Betreiber des Bewertungsportals.
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von Adrian Peters | Feb 21, 2024 | Internetrecht
DSA verpflichtet Online-Plattformen zu verstärkten Maßnahmen gegen illegale Inhalte
Mit der Einführung des Digital Services Act (DSA) hat die Europäische Union eine neue Verordnung geschaffen, die den Nutzern von Online-Plattformen mehr Rechtssicherheit bieten soll. Um diese Regelungen in nationales Recht zu überführen, wurde Ende Januar die erste Lesung des neuen Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG) im Bundestag abgehalten.
Der Digital Services Act als Grundlage für das deutsche Digitale-Dienste-Gesetz
Der DSA hat das Ziel, ein sicheres und transparentes digitales Umfeld zu schaffen, in dem die in der EU-Grundrechtecharta verankerten Grundrechte umfassend geschützt werden. Ein Hauptziel ist die schnellere Entfernung rechtswidriger Inhalte, der Schutz der Nutzerrechte auf Plattformen und die Sicherung ihrer Entscheidungsfreiheit. Dadurch sollen unter anderem Hassrede und der Verkauf gefälschter Produkte eingedämmt werden. Darüber hinaus zielt der DSA darauf ab, sogenannte „Dark Patterns“ zu verbieten – manipulative Designpraktiken, die Nutzer dazu verleiten, Entscheidungen gegen ihren Willen zu treffen.
Der DSA gilt für alle Plattformen, die im EU-Binnenmarkt Dienstleistungen, Waren oder Inhalte anbieten, unabhängig davon, wo das Unternehmen seinen Sitz hat. Er schafft somit einen einheitlichen Rechtsrahmen für die gesamte EU. Für besonders große Plattformen und Suchmaschinen gelten verschärfte Pflichten, wie die Durchführung von Risikoanalysen und deren Minimierung.
Welche Plattformen unterliegen dem DSA?
- Internetdienstanbieter
- Domain-Registrierungsstellen
- Hosting-Dienste (z. B. Cloud- und Webhosting)
- Online-Marktplätze
- App-Stores
- Plattformen der Sharing Economy
- Soziale Netzwerke
Was sieht das Digitale-Dienste-Gesetz vor?
Während der DSA auf EU-Ebene die Pflichten der Plattformbetreiber festlegt, regelt das Digitale-Dienste-Gesetz die Zuständigkeiten auf nationaler Ebene in Deutschland. Nach dem vorliegenden Entwurf wird die Bundesnetzagentur für die Aufsicht und Durchsetzung der Vorgaben des DSA zuständig sein. Sie arbeitet dabei eng mit den Aufsichtsbehörden der EU und der Mitgliedstaaten zusammen. Ergänzend sind spezielle Zuständigkeiten für den Kinder- und Jugendschutz vorgesehen, die durch medienrechtliche Stellen der Länder sowie den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit koordiniert werden.
Wie werden Verstöße gegen den DSA und das DDG geahndet?
Ein zentraler Bestandteil des DSA ist die Einrichtung nationaler Digital-Service-Koordinatoren (DSCs), die für die Überwachung kleinerer Plattformen zuständig sind. Diese Koordinatoren sind befugt, Nutzerbeschwerden zu bearbeiten und auf die Daten von Online-Plattformen und Suchmaschinen zuzugreifen. Große Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern fallen direkt unter die Aufsicht der EU-Kommission.
Im nationalen Digitale-Dienste-Gesetz-Entwurf sind Bußgelder und Zwangsgelder für Verstöße gegen den DSA vorgesehen. Diese können bis zu 6 % des Jahresumsatzes einer Plattform betragen und nutzen den im DSA vorgegebenen Handlungsspielraum vollständig aus.
Verabschiedung des Digitale-Dienste-Gesetzes im Gange
Am 01.08.2023 stellte die Bundesregierung den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr vor, und der Regierungsentwurf wurde am 20.12.2023 im Kabinett verabschiedet. Die erste Lesung fand am 18.01.2024 im Bundestag statt, gefolgt von einer Expertenanhörung im Digitalausschuss am 21.02.2024. Die zweite und dritte Lesung sind für März 2024 angesetzt. Auch die Beratungen im Bundesrat laufen, da das Gesetz als eilbedürftig nach Artikel 76 Abs. 2 S. 4 GG gilt.
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von Adrian Peters | Jan 29, 2024 | Internetrecht, Urheberrecht
Künstliche Intelligenz und Urheberrecht
Die Bundesregierung setzt sich intensiv mit der Frage auseinander, wie die Künstliche Intelligenz (KI) und das Urheberrecht vereinbar sind. Sie untersucht die rechtlichen Implikationen und strebt an, entsprechende Regelungen auf EU-Ebene voranzutreiben. Dabei hebt sie mögliche rechtliche Schutzlücken hervor, die durch den zunehmenden Einsatz von generativen Technologien entstehen können.
Generative KI und rechtliche Rahmenbedingungen
Das deutsche Urheberrecht basiert größtenteils auf den Vorgaben des europäischen Rechts und steht im Einklang mit dem Grundrecht auf Eigentum, das in Artikel 14 des Grundgesetzes verankert ist. Dieser Artikel schützt das Eigentum, einschließlich immaterieller Güter wie geistige Werke. Dem Urheber wird in der Regel das ausschließliche Recht zur Nutzung und Verfügung über sein Werk zugesprochen. Allerdings handelt es sich um ein sogenanntes normgeprägtes Grundrecht, was bedeutet, dass der Gesetzgeber die genauen Grenzen und Inhalte des Eigentumsrechts festlegen muss. Dabei ist ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber und denen der Allgemeinheit zu finden. Eine solche Regelung findet sich in § 44b Absatz 3 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), wonach der Urheber im Rahmen von Text- und Data-Mining die Nutzung seiner Werke einschränken kann. Fehlt eine entsprechende gesetzliche Erlaubnis, muss eine Lizenz erworben werden. Das UrhG stellt jedoch auch bestimmte Nutzungsfreiheiten bereit, etwa für rechtmäßig zugängliche Werke, was eine Einschränkung der Verfügungsgewalt des Urhebers darstellt. Die Nutzung solcher Werke zum Trainieren von KI-Systemen ist durch § 44b UrhG abgedeckt, wie Erwägungsgrund 18 der DSM-Richtlinie, auf der die deutsche Umsetzung basiert, klarstellt.
Wissenschaft und geistiges Eigentum
Die Nutzung von geistigem Eigentum für wissenschaftliche Zwecke, insbesondere im Rahmen von Text- und Data-Mining, ist in § 60d UrhG geregelt. Gemäß Absatz 1 ist die Nutzung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Erlaubnis zulässig, jedoch nur für Forschungseinrichtungen. Für Forschungsorganisationen, die in Kooperation mit privaten Unternehmen stehen, welche einen erheblichen Einfluss auf die Forschungsprozesse haben und bevorzugten Zugang zu den Ergebnissen erhalten, greift diese Ausnahme nicht. Davon betroffen sind insbesondere KI-basierte Dienste wie ChatGPT und StableFusion, die vorwiegend in privater Hand sind.
Haftungsfragen für KI-Hersteller und -Nutzer
Im deutschen Recht bestehen Schadensersatzansprüche gegenüber Herstellern und Nutzern von KI-Systemen, wenn diese durch Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten Schäden verursachen. Die Haftung wird nach § 823 BGB geregelt, der deliktische Ansprüche für pflichtwidriges Verhalten umfasst. Europäische Richtlinien lassen es zu, dass die Haftungsregelungen auf nationaler Ebene umgesetzt werden.
Vergütungsansprüche bei internationalen Plattformen
Es existieren bereits Normen, die Vergütungsansprüche bei der Nutzung von Online-Inhalten regeln (siehe § 4 Absatz 4 und § 5 Absatz 2 des Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes, UrhDaG). Auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung (20. Legislaturperiode) wird das Ziel formuliert, eine faire Vergütung für die Nutzung von geistigem Eigentum – auch im Falle von Rechtsverletzungen – sicherzustellen.
Erkennungstechnologien für KI-Systeme
KI-Systeme, die gezielt das Urheberrecht oder Persönlichkeitsrechte umgehen, müssen identifiziert und überwacht werden. Hierbei spielen Forschungsprojekte, die von den sogenannten KI-Kompetenzzentren vorangetrieben und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden, eine wesentliche Rolle.
Welche Maßnahmen verfolgt die Bundesregierung auf EU-Ebene?
Im Kontext der Verhandlungen zur europäischen KI-Verordnung setzt sich die Bundesregierung für mehr Transparenz bei der Schulung von KI-Systemen ein. Sie unterstützt die im europäischen Vorschlag enthaltenen Kennzeichnungspflichten für generative KI-Systeme und spricht sich auch für weitergehende Kennzeichnungsvorschriften aus.
Zukünftige Anpassungen auf europäischer Ebene
Im Jahr 2026 wird die europäische Richtlinie einer Evaluierung unterzogen. Dabei wird unter anderem geprüft, ob die Option des maschinenlesbaren Opt-outs (vgl. § 44b Absatz 3 Satz 2 UrhG) durch eine explizite Zustimmungspflicht (Opt-in) ersetzt werden soll. Eine weitere zu klärende Frage betrifft die Unterscheidung zwischen rechtmäßig zugänglichen und illegalen Inhalten im Internet (vgl. § 44b Absatz 2 UrhG), die ebenfalls bei der Überprüfung im Jahr 2026 Berücksichtigung finden könnte.
Darüber hinaus hat die Europäische Kommission im September 2022 einen Vorschlag zur Überarbeitung der außervertraglichen zivilrechtlichen Haftungsregelungen vorgelegt. Die Verhandlungen zur vereinheitlichten KI-Verordnung und zur Änderung bestehender Unionsregelungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen, weshalb der Entwurf zur Haftung vorerst ausgesetzt wurde. Aktuell wird auch ein Richtlinienvorschlag zur Klärung der Haftungsfragen im Zusammenhang mit fehlerhaften Produkten diskutiert. Dieser Vorschlag stellt klar, dass Software, unabhängig von ihrem physischen Träger, unter die Regelungen fallen soll. Allerdings erwähnt der Vorschlag keine spezifische Bezugnahme auf KI, sodass er derzeit nicht für KI-Anwendungen relevant zu sein scheint.
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von Adrian Peters | Jan 28, 2024 | Internetrecht
Das Metaverse wirft zahlreiche spannende Rechtsfragen auf, die sowohl die juristische Welt als auch die Nutzer betreffen. Wir haben uns bereits mit Aspekten wie Datenschutz, Plattformregulierungen und dem allgemeinen Metaverse-Recht auseinandergesetzt. Heute wollen wir einen Blick darauf werfen, welches Rechtssystem im Metaverse überhaupt gilt. Denn die verschiedenen Rechtssysteme unterscheiden sich teils erheblich voneinander, was in Einzelfällen zu großen Unterschieden führen kann. Wenn im Metaverse beispielsweise Rechte verletzt werden, sei es durch das Zerstören eines virtuellen Gebäudes oder das Kopieren geschützter Marken, stellt sich die Frage, welches Recht zur Anwendung kommt. Die Möglichkeit, Ansprüche geltend zu machen, hängt letztlich vom jeweils gültigen Rechtssystem ab.
Rechtswahl in der physischen Welt
In der juristischen Ausbildung gewinnen das internationale Privatrecht und Zivilverfahrensrecht zunehmend an Bedeutung. In einer globalisierten Welt ist dies unvermeidlich. Künftige Anwälte und Anwältinnen müssen darauf vorbereitet sein, grenzüberschreitende Fälle zu bewältigen.
Dabei gibt es verschiedene Ansätze, um das anwendbare Recht festzulegen. Besonders relevant ist die Parteivereinbarung. Schließen zwei Parteien einen Vertrag, können sie dessen Inhalte weitgehend selbst bestimmen, einschließlich der Entscheidung darüber, welches Rechtssystem und welche Gerichtsbarkeit im Streitfall angewendet werden soll.
Schiedsverfahren
Häufig wird in Verträgen eine sogenannte Schiedsklausel vereinbart, durch die die Zuständigkeit für Streitigkeiten an ein Schiedsgericht übertragen wird, anstatt vor einem staatlichen Gericht verhandelt zu werden. Ein Schiedsgericht besteht aus einem oder mehreren Schiedsrichtern, die den Fall beurteilen.
Liegt jedoch keine solche Vereinbarung vor oder ist diese aufgrund bestimmter Umstände unwirksam, greifen allgemeine gesetzliche Regelungen. In Deutschland sind diese Fragen im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) geregelt. Dort wird das anwendbare Recht beispielsweise anhand des gewöhnlichen Aufenthaltsortes der beteiligten Person festgelegt.
Herausforderungen im Metaverse
Auf Plattformen wie Horizon Worlds, The Sandbox oder Decentraland ist es oft schwierig zu bestimmen, welches Recht gilt. Handelt es sich überhaupt um einen internationalen Sachverhalt, wenn ein Nutzer im Decentraland das virtuelle Haus eines anderen zerstört? Oder wenn ein Kreativer gegen Meta vorgehen möchte, weil seine Fashion-Kollektion in Horizon Worlds aufgrund eines Serverfehlers gelöscht wurde?
Diese Fragen verdeutlichen die Problematik. Welche der beteiligten Parteien bestimmt das anwendbare Recht? Die Plattformen existieren schließlich in einer virtuellen Welt ohne geografische Grenzen, und die Server können überall auf der Welt stehen. Auch die Nutzer kommen aus verschiedenen Ländern, während die Betreiber oft an ganz anderen Orten ansässig sind.
Hier spielen Rechtswahlklauseln in Verträgen eine wichtige Rolle. Wie bereits erwähnt, können sie einen entscheidenden Anhaltspunkt für das anwendbare Recht bieten. Wenn sich die Parteien beispielsweise darauf geeinigt haben, dass Streitigkeiten vor einem Berliner Gericht verhandelt werden, deutet dies darauf hin, dass deutsches Recht Anwendung finden soll. Doch auch das kann zu weiteren Schwierigkeiten führen.
Rechtswahl durch Metaverse-Plattformen
Bei der Frage nach dem anwendbaren Recht im Metaverse lohnt es sich, die Regelungen der jeweiligen Plattformen zu prüfen. In ihren Nutzungsbedingungen („terms of use“) legen die Plattformen fest, welches Recht für etwaige Streitigkeiten gilt. Diese Bedingungen entsprechen den hierzulande bekannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert AGB in § 305 als „alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei beim Abschluss eines Vertrags stellt“. In der Regel werden sie bei Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern verwendet, was auch im Metaverse der Fall ist.
Da der Verbraucherschutz in der EU eine hohe Priorität hat, gibt es strenge Vorschriften für solche Regelungen. Das deutsche Recht enthält in den §§ 305 ff. BGB zahlreiche Regelungen, die AGB-Klauseln kontrollieren. Beispielsweise dürfen keine Vertragsstrafen für den Fall vereinbart werden, dass eine Partei den Vertrag vorzeitig beenden möchte. Solche Vorschriften sind einer der Gründe, warum deutsches Recht international oft nicht bevorzugt wird – das gilt auch für andere Rechtssysteme innerhalb der EU, die ähnliche Vorgaben umsetzen. Ein Blick auf ein konkretes Beispiel kann dies verdeutlichen.
Rechtsdurchsetzung in Malta
Ein genauerer Blick in die AGB der Metaverse-Plattformen offenbart interessante Details. So haben wir die „terms of use“ von The Sandbox untersucht. Die Version von November 2023 regelt die Vertragsbedingungen zwischen der TSB Gaming Ltd., die ihren Sitz in Malta hat, und den einzelnen Nutzern.
Rechtswahlklausel bei The Sandbox
„Die Rechte und Pflichten der Parteien sowie die Auslegung dieser Bedingungen unterliegen dem Recht Maltas, ohne Rücksicht auf die Grundsätze des Kollisionsrechts. Sollte eine Partei gegen die andere aufgrund dieser Bedingungen vorgehen, können solche Verfahren nur vor den Gerichten Maltas und keinen anderen Gerichten geführt werden, wobei beide Parteien hiermit der ausschließlichen Zuständigkeit dieser Gerichte zustimmen.“
Diese Klausel macht deutlich, dass ausschließlich maltesische Gerichte zuständig sein sollen. Ob eine solche Klausel einem EU-Bürger auferlegt werden kann, ist fraglich. In jedem Fall dürfte sie es vielen Nutzern erschweren, ihre Rechte durchzusetzen. Das Metaverse ist also kein rechtsfreier Raum, aber Klauseln wie diese machen es kompliziert, den Rechtsweg zu beschreiten.
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