Das OLG Köln (Urteil vom 08.12.2006 – Az.: 6 U 145/06) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Aminsäuren als Nährstoff in Nahrungsergänzungsmitteln per se ohne entsprechende Erlaubnis zugelassen sind.

Dies haben die Kölner Richt verneint und dem Vertrieb eines Produktes mit einem solchen Inhaltsstoff untersagt, da Aminsäuren einem Nahrungsmittelzusatzstoff gleichgestellt seien, so dass, da der Nährstoff nicht in einer der Positivlisten aufgeführt ist, eine Inverkehrbringen ohne entsprechende behördliche Erlaubnis unzulässig sei. Insoweit stehe auch das EU-Recht dieser Ansicht nicht entgegen.

Wörtlich führte das Gericht aus:

„Nicht verfangen kann der Einwand der Beklagten, § 2 Abs. 3 S. 2 LFGB und das daran anknüpfende Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verstießen gegen die vom Gemeinschaftsgesetzgeber in Art. 5 ff BasisVO niedergelegten allgemeinen Grundsätze des Lebensmittelrechts, insbesondere gegen die Risikoanalyse (Art. 5), das Vorsorgeprinzip (Art. 6) und die Regelung in Art. 14. Die Beklagte ist der Ansicht, die Risikoanalyse ermögliche eine einzellfallbezogene Einschätzung von Lebensmitteln bzw. den in ihnen enthaltenen Zusatzstoffen und führe so zu einer wissenschaftlich fundierten Betrachtungsweise, die über das hinausgehe, was ein abstrakt generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt leisten könne. Das Vorsorgeprinzip gewährleiste darüber hinaus verhältnismäßige Maßnahmen im Einzelfall, die beim Bestehen einer tatsächlich feststehenden Gefahr ergriffen werden können. Ein absolutes Verbot einer ganzen Stoffgruppe sei aber keine Regelung eines Einzelfalles. Schließlich folge auch aus Art. 14 BasisVO, dass ein Verbot nur ausgesprochen werden dürfe, wenn davon auszugehen sei, dass das Lebensmittel gesundheitsschädlich sei. Dafür sei hier aber im Hinblick auf Aminosäuren nichts vorgetragen. Alle drei Anknüpfungspunkte laufen letztlich auf den gleichen Einwand hinaus. Die Beklagte ist der Ansicht, erst beim Vorliegen konkreter – hier angeblich fehlender – Gefahrenverdachtsmomente sei ein generelles Verbot der Aminosäuren gerechtfertigt.“

Und Weiter:

„Folgte man dieser Argumentation, so wären – wie das Landgericht überzeugend ausgeführt hat – alle Stoffe als sicher im Sinne der Basisverordnung anzusehen, die sich nicht aufgrund einer Einzelfallprüfung als (potentiell) schädlich erweisen. Es wären mithin alle ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe zunächst verkehrsfähig bis konkrete Gefahren festgestellt werden. Eine solche Regelung würde das Vorsorgeprinzip geradezu konterkarieren. In den Fällen, in denen noch keine oder keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, erfordert das Vorsorgeprinzip ein Verbot – eventuell mit Erlaubnisvorbehalt – und verträgt keine – vorläufige – Erlaubnis, die erstentzogen werden kann, wenn die Gesundheitsgefährdung nachgewiesen ist und zwischenzeitlich bereits konkrete Gesundheitsbeschädigungen aufgetreten sein können.
Bestätigt wird dies durch den Erwägungsgrund 14 der Richtlinie über Nahrungsergänzungsmittel (RL 2002/46/EG). Auch hier geht der europäische Gesetzgeber davon aus, dass Vitamine und Mineralstoffe erst dann verwendet werden dürfen, wenn wissenschaftliche Daten ermittelt wurden. Für Aminosäuren kann nichts anderes gelten. Auch diese dürfen Nahrungsergänzungsmitteln erst zugeführt werden, wenn ausreichend wissenschaftliche Daten vorliegen. Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich wiederum aus den schon genannten Erwägungsgründen 6 und 8 der Richtlinie über Nahrungsergänzungsmittel (RL 2002/46/EG), in denen der Gesetzgeber gerade für Aminosäuren auf die Zukunft verweist“.