Das OLG München (Urteil vom 21.09.2006 – Az.: 29 U 2119/06) musste sich mit der Frage befassen, ob Ebay für den Fall der Handels mit urheberrechtsverletzenden Lehrbuchtexten gegenüber dem Rechtsinhaber einzustehen hat.

Die Münchner Richter bejahten dies, soweit es sich um Unterlassungs- und Auskunftsansprüche handelt, lehnten jedoch weitergehende Ersatzansprüche ab.

Der Senat vertrat in der Entscheidungsbegründung die Ansicht, dass Ebay zwar nicht als Täterin oder Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung haftet. Jedoch sei Ebay hinsichtlich der Verletzungen als Störerin anzusehen, so dass deshalb ab Kenntniserlangung von der Urheberrechtsverletzung ein Unterlassungsanspruch bestehe.

Wörtlich führte das Gericht aus:

„Grundsätzlich kann derjenige, der, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise – sei es auch ohne Verschulden – willentlich und adäquat kausal zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat, als Störer in Anspruch genommen werden (vgl. BGH GRUR 1999, 418, 419 – Möbelklassiker). Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus (vgl. BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung). Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer In-Anspruch-Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGHZ 158, 236, 251 m.w.N. – Internet-Versteigerung). Einem Unternehmen, das – wie die Beklagte – im Internet eine Online-Handelsplattform für Verkäufe Dritter betreibt, ist es nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung). Eine solche Obliegenheit würde das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung) und mit dem sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG ergebenden Verbot proaktiver Überwachungspflichten kollidieren (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz/Geis a.a.O. § 8 TDG Rdn. 11).“

Und weiter:

„Andererseits ist zu bedenken, dass die Beklagte durch ihr geschuldete Entgelte und Provisionen (vgl. die Übersicht „Allgemeine Gebühren“, Anlage K26) an dem Verkauf urheberrechtsverletzender Waren beteiligt ist. Unter diesen Umständen kommt dem Interesse der Beklagten an einem möglichst kostengünstigen und reibungslosen Ablauf ihres Geschäftsbetriebs ein geringeres Gewicht zu als beispielsweise dem Interesse der Registrierungsstelle für Domainnamen an einer möglichst schnellen und preiswerten Domainvergabe (vgl. BGHZ 158, 236, 252 – Internet-Versteigerung). Dies bedeutet, dass ein Diensteanbieter wie die Beklagte immer dann, wenn er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren muss (vgl. § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG), sondern auch Vorsorge treffen muss, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Urheberrechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ 158, 236, 252 – Internet-Versteigerung). Die Prüfungspflicht des Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG wird erst durch die – im Regelfall durch Stellungnahmen des Rechtsinhabers bewirkte – Kenntnis von rechtsverletzenden Fremdinformationen „aktiviert“ (vgl. Hacker/Ströbele, MarkenG, 8. Aufl., § 14 Rdn. 216). Daraus folgt, dass es zu einer Störerhaftung des Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG erst im Hinblick auf Rechtsverletzungen kommen kann, die einer klaren Rechtsverletzung nachfolgen, von der dem Diensteanbieter Kenntnis verschafft worden ist (vgl. Hacker/Ströbele a.a.O.).“

Weiterhin bestehe gegen Ebay nach der Ansicht des Senats aufgrund der Störereigenschaft auch ein Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG. Diesem Anspruch ständen auch keine datenschutzrechtlichen Belange entgegen, da § 3 Absatz 2 TDDSG die Auskunft an Dritte erlaube.

Nach § 3 Abs. 2 TDDSG dürfe der Diensteanbieter für die Durchführung von Telediensten erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verarbeiten und nutzen, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt. § 101a UrhG sei nach Ansicht der Richter eine „andere Rechtvorschrift“ im Sinne des § 3 Abs. 2 TDDSG, so dass die Auskunft gesetzlich erlaubt sei.