Mobiles Marketing ist ein umstrittenes Thema: Was ist erlaubt, was nicht, und was nervt den User? Welche rechtlichen Probleme können anhand der neuen Version des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) auftreten?

In Juristendeutsch: Dieser Beitrag beleuchtet die Zulässigkeit von Werbe-SMS/MMS unter Berücksichtigung des § 7 UWG und der einschlägigen Rechtsprechung für die praktische Handhabe.

Kurz und gut: Bis vor wenigen Jahren führte jede Person den Haustürschlüssel und seine Brieftasche beim Verlassen des Hauses mit sich. Mittlerweile gehört auch das Handy zu seiner Pflichtausrüstung mit der Folge, dass viele Millionen Menschen täglich ihr Handy empfangsbereit mit sich führen und hierdurch ein riesiges Potential an Adressaten von Werbebotschaften geschaffen wurde. Aufgrund dieses Potentials hat sich in den letzten Jahren ein komplett neuer Wirtschaftszweig, nämlich der Bereich des Mobil-Marketings, entwickelt.

Zwangsläufig stellt sich die Frage der Zulässigkeit von Werbe-SMS/MMS: Wann darf der Werbetreibende den Konsumenten mit Werbung auf des Verbrauchers besten Freund, das Handy, „behelligen“?

Wann belästigen Werbe-SMS/MMS und was erlaubt die Rechtsprechung noch?
Verbraucher können durch Werbung via SMS/MMS an jedem Ort erreicht werden. Im Fall des Eingangs einer solchen Werbenachricht erscheint die SMS/MMS augenblicklich auf dem Handy-Display. Dabei wird die Nachricht zumeist durch ein akustisches Signal und/oder durch Vibration des Gerätes angekündigt. Durch die Ankündigung der Nachricht wird der Verbraucher häufig seine Tätigkeiten unterbrechen, um die Nachricht zur Kenntnis nehmen zu können. Im Falle einer Werbenachricht kann dies zu einer subjektiv empfundenen Störung des Verbrauchers führen. Das ist freundlich formuliert: Manche Handynutzer werden verdammt böse und erwägen gleich eine Klage.

Und weil bei einer Vielzahl von Handys nur eine eng begrenzte Speicherkapazität für SMS/MMS-Eingänge möglich ist, können die SMS/MMS-Mailboxen des Users überlaufen, wenn die Verweildauer der Nachrichten vom Versender als zu lange festgelegt ist. Ist der Speicher erschöpft, so wird seitens der Mobilfunkbetreiber über automatische Zustelldienste für eine gewisse Zeit, z.B. 48 Stunden, die Zustellung dennoch weiter versucht. Nach Ablauf dieser Zeit wird die Zustellung eingestellt und die nicht zugestellte Nachricht geht verloren. Dies führt zu der Tatsache, dass dem Verbraucher durch die Zusendung von Werbe-SMS/MMS und der hierdurch möglichen „Verstopfung“ der Inbox andere wichtige Nachrichten verloren gehen können. Dieser Verlust stellt regelmäßig ein Ärgernis oder eine erhebliche Belästigung dar.

Aufgrund dieser Belästigungsgefahr haben das LG Berlin, Urt. v. 14. Januar 2003 (Az.: 15 O 420/02 und das LG Bonn Urteil vom 19. Juli 2004 (AZ: 6 S 77/04) die unaufgeforderte Versendung von Werbe-SMS als unzulässig bezeichnet und die jeweiligen SMS-Dienste auf Unterlassung in Anspruch genommen.

So sah das LG Berlin in der unaufgeforderten Versendung einer Werbe-SMS ein Eindringen in die Privatsphäre des Empfängers, das zusammen mit der Gefahr des Nachrichtenverlustes aufgrund von Speichererschöpfung zu einer Unzulässigkeit solcher Werbebotschaften führe. Diese Auffassung wurde durch das LG Bonn mit inhaltsgleicher Begründung bestätigt.

Enge Grenzen des UWG für Werbe-Nachrichten
Die im vorigen Kapitel genannte Rechtsprechung wurde mittlerweile auch durch den Gesetzgeber bestätigt. So ist im Jahre 2004 das UWG novelliert und hierbei der neue § 7 UWG geschaffen worden, der unter anderem unerlaubte Versendung elektronischer Post regelt – dies betrifft also nicht nur E-Mail-Spam, sondern auch den „Mobilspam“. Das Gesetz hat einige Hürden geschaffen, um den User nicht zu sehr zu belästigen. Wer sich als Werbetreibender nicht an diese Regeln hält, macht sich strafbar.

Einwilligung erforderlich
Gemäß § 7 Absatz 2 Nummer 3 UWG ist von einer unzumutbaren Belästigung einer Werbung auszugehen, sofern diese mittels elektronischer Post erfolgt, ohne dass zuvor eine Einwilligung durch den Empfänger erteilt wurde. Dabei differenziert das Gesetz bei dem Begriff des Empfängers nicht zwischen Verbrauchern und Unternehmen.

SMS oder MMS fallen unter dem Begriff der elektronischen Post, so dass der sachliche Anwendungsbereich der Norm eröffnet ist.

Eine Einwilligung ist das vorherige Einverständnis des Empfängers, dass Werbung via elektronischer Post an ihn versandt werden darf. Erforderlich ist stets eine ausdrückliche Einwilligung. Damit hat sich der Gesetzgeber für das so genannte „Opt-In“ entschieden. Das „Opt-Out“-Verfahren ist demgemäß grundsätzlich unzulässig – also muss de Nutzer vorher einwilligen, nicht erst nach der Zusendung der Werbung..

Die Einwilligung sollte durch eine eigenständige, schriftliche und individuelle Erklärung abgegeben werden. Abzuraten ist Werbetreibenden, die Einwilligungserklärung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des SMS/MMS-Dienstes zu platzieren, denn nach der Auffassung des BGH (allerdings zu Telefonwerbung) schließt das Erfordernis eines ausdrücklichen Einverständnisses eine Herbeiführung der „Einverständniserklärung“ über die AGB aus. Eine vorformulierte Klausel, in der der Kunde sein Einverständnis mit SMS/MMS-Werbung erklärt, beinhaltet nach Auffassung des Gerichts eine unangemessene Benachteiligung im Sinne der gesetzlichen Regeln.

Der Werbende muss nach der geltenden Rechtsprechung im Falle eines Rechtsstreits die Einwilligung des Adressaten beweisen – wer die Einwilligungserklärung nicht in geeigneter Weise erfasst, sichert und archiviert, könnte sonst sehr schnell mit hohen Kosten konfrontiert werden. Zu Beweissicherungszwecken bietet sich das Double-Opt-In-Verfahren an, da der Adressat mittels dieses Verfahrens zu einer zusätzlichen Bestätigungshandlung aufgefordert wird. Allerdings bleibt es Frage des Einzelfalles, ob das Double-Opt-In-Verfahren praktikabel ist. Zumindest ist zu empfehlen, die Unterschrift des Users einzuholen und nicht nur in einer Web-Oberfläche nachzufragen – dies dürfte Rechtsstreitigkeiten minimieren.

Niemals anonym werben – verboten!
Nach § 7 Absatz 2 Nummer 4 UWG ist die anonyme Direktwerbung mittels elektronischer Post verboten. Der Absender einer SMS oder MMS darf nicht verschleiert oder verheimlicht werden. Dieses Transparenzgebot ist stets zu beachten, da ein Verstoß hiergegen trotz vorhandener Einwilligung zu einer unzumutbaren Belästigung führt.

Schließlich ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass das SMS/MMS-Spamming (massenhafter, wahrloser SMS/MMS-Versand) für das Gesetz stets unlauter ist.

Ausnahmen: Wann Direktmarketing per Handy erlaubt ist
Ausnahmsweise ist ein Direktmarketing im Rahmen von bestehenden Geschäftsbeziehungen gemäß § 7 Absatz 3 UWG auch ohne vorherige, ausdrückliche Einwilligung zulässig. An diese Ausnahmeregelung sind aber strenge Anforderungen gestellt.

Erforderlich ist, dass der Unternehmer die Handy-Nummer von dem Nutzer im Rahmen eines bestehenden Kundenverhältnisses erhalten hat. Unklarheit besteht zur Zeit darüber, ob ein Vertragsschluss für die Annahme einer Kundenbeziehung zu fordern ist oder bereits konkrete Vertragsanbahnungsgespräche genügen. Die Tendenz geht dahin, das Verständnis einer Kundenbeziehung in einem weiten Rahmen zu sehen. Somit sollten konkrete Vertragsanbahnungsgespräche für die Annahme einer Kundenbeziehung ausreichen. Allerdings ist diese Auffassung noch nicht durch entsprechende Rechtsprechung gesichert. Werbende sollten auf Nummer sicher gehen und eine schriftliche Geschäftsbeziehung etablieren – und die Nutzer, auch gewerbliche, sollten genau nachsehen, was sie da eigentlich unterschreiben.

Nur „verwandte“ Waren zu bestehenden Geschäften dürfen beworben werden
Der Unternehmer darf die elektronische Postadresse nur zum Direktmarketing für eigene „ähnliche Waren oder Dienstleistungen“ verwenden. Unsicher ist insoweit, unter welchen Voraussetzungen von einer Ähnlichkeit der Ware oder Dienstleistung ausgegangen werden kann. Dies sollte jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn sich die Werbung auf Zubehör oder Ergänzungen zu der Ware oder Dienstleistung, über die eine Kundenbeziehung besteht, erstreckt. Folglich darf beispielsweise der Verkäufer eines Computers bei dem Käufer Direktmarketing für CD-Brenner oder Netzwerkkarten per SMS/MMS-Werbung durchführen, sofern er sich an die weiteren Voraussetzungen hält.

Nicht ohne Widerrufsbelehrung!
Der Nutzer darf der Nutzung der elektronischen Postadresse zum Zwecke des Direktmarketings nicht widersprochen haben und ist bei Erhebung der Adresse und erneut bei jeder Werbemaßnahme in einfacher und deutlicher Sprache über sein jederzeitiges Widerrufsrecht zu belehren. Hier ergibt sich eine faktische Hürde für SMS/MMS-Werbemaßnahmen, da gegenwärtig die Handy-Displays (noch) recht klein sind, so dass diese erneute Beehrung zu einem Platzproblem führen kann.

Darüber hinaus muss der SMS/MMS-Versender dem Empfänger eine gültige Adresse zur Verfügung stellen, unter der die Einstellung des Versandes von Werbenachrichten verlangt werden kann. Als Adresse sollten die E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Telefaxnummer und zusätzlich die postalische Anschrift angegeben werden. Das Erfordernis einer postalischen Anschrift wird teilweise zwar als nicht erforderlich betrachtet, sollte aber aufgrund der unsicheren Rechtslage bis zur endgültigen Klärung mitgeteilt werden. Problematisch ist hier aufgrund der Größe von Handy-Displays, wie eine solche Möglichkeit in die Anwendung zu implementieren ist. Anbieten würde sich ein Link auf die Homepage des Anbieters, unter der beispielsweise eine Abbestellung eines SMS-Newsletters durchgeführt werden kann. Allerdings gibt es noch keine Rechtsprechung dazu, ob ein solcher Link als ausreichend zu bezeichnen ist.

Die Kosten eines Widerrufs der Einwilligung müssen schließlich kostenneutral sein. Das bedeutet, für einen Widerruf des SMS/MMS-Empfängers dürfen nur die üblichen Kosten (Basistarife) veranschlagt werden. Insbesondere teuere Mehrwertdienstenummern sind hier unzulässig.

Das Zivilrecht kommt hinzu – Rechnen mit Unterlassungsansprüchen

Ohne Einwilligung per SMS/MMS versendete Werbemaßnahmen können im Übrigen auch Unterlassungsansprüche nach dem allgemeinen Zivilrecht auslösen. So kann in einer solchen Maßnahme ein rechtswidriger Eingriff in den Betrieb nach § 823 Absatz 1 BGB wie auch eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des http://bundesrecht.juris.de/bgb/__826.htmlliegen. Diese Rechtsverletzung führt zu einem Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB jedenfalls in dessen analoger Anwendung.

Nicht zum Mobilspammer werden – so geht‘s
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für SMS/MMS-Werbung eine Einwilligung des Nutzers erforderlich ist, sofern nicht ein bestehendes Kundenverhältnis zwischen Werbendem und Nutzer vorliegt. Als besonders schwierig sind insbesondere die Umsetzung der in § 7 UWG geforderten Anforderungen, wie etwa die Belehrung über das Widerrufsrecht oder die Angabe einer Widerrufsadresse, einzuschätzen, da hier die Kapazität eines Handy-Displays der Informationsanforderung eine statische Grenze aufzeigt. Da die Informationen auf einem Display im Sinne einer kundenfreundlichen Anwendung stets zu minimieren sind, liegt die besondere rechtliche Herausforderung des Mobil-Marketings in der Schaffung einer Kongruenz zwischen dem begrenzten Platz auf dem Handy-Display und den gesetzlichen Vorgaben.

Auf die Lösung dieser Herausforderung darf man gespannt sein, zumal erst die Rechtsprechung feststellen wird, ob die vorhandenen Informationen im Einzelfall zu einer Gesetzeskonformität führen. Im Großen und Ganzen: Vieles ist strafbar, aber alles ist abhängig von Richtern noch offen. Vielleicht sollte man als Werbender erst einmal ds SMS/MMS-Marketing sein lassen und abwarten – sonst hat man vielleicht Kunden und Gerichte vergrätzt.