Für in der Mobilität eingeschränkte Schwerbehinderte bietet das Internet häufig eine sehr wichtige Möglichkeit, jedenfalls teilweise am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Ein durch einen Autounfall zu 80 % körperlich behinderter Sozialhilfeempfänger, der sich nur unter großen Schwierigkeiten aus seiner Wohnung fortbewegen kann, wollte aufgrund seiner Behinderung von der zuständigen Behörde einen Internetanschluss finanziert haben, um hierdurch u.a. mit seiner Familie Kontakt halten zu können.

Allerdings wurde der entsprechende Leistungsantrag von dem zuständigen Landkreis per Verwaltungsakt abgewiesen.

Daraufhin zog der Schwerbehinderte vor Gericht.

Das VG Stuttgart (Urteil vom 16.02.2006 – Az.: 12 K 5442/04) gab dem Kläger recht und verurteilte den Landkreis zur Übernahme der Kosten für den Internetanschluss.

Wörtlich hieß es in einer Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 01.03.2006 hierzu:

„Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Übernahme der günstigsten Kosten eines Internetanschlusses nebst monatlicher Nutzungsgebühr für 30 Internetstunden zu. Nach den Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes sei Personen, die wie der Kläger nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, Eingliederungshilfe zu gewähren. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den Behinderten in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehöre vor allem, dem Behinderten die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. In Anbetracht der Tatsache, dass heute nicht nur Behörden und Firmen zunehmend das Internet nutzten, um mit Bürgern bzw. Kunden in Kontakt zu treten, sondern auch immer mehr Privatpersonen über einen Internetzugang verfügten, sei das Internet heute ohne Zweifel ein geeignetes Mittel, um Beziehungen zur Umwelt herzustellen und zu verbessern sowie am „Leben in der Gemeinschaft“ teilzunehmen. Insbesondere der auch kostengünstige E-Mailverkehr ergänze in weiten Kreisen der Bevölkerung die Nutzung von Telefon und Briefpost. Von dieser gesellschaftlichen Entwicklung dürften schwer behinderte Sozialhilfeempfänger nicht dauerhaft abgekoppelt werden. Zudem ermögliche es diesem Personenkreis gerade die Benutzung des Internets, mit Nichtbehinderten in Kontakt zu treten, ohne dass diese von der Behinderung Kenntnis erlangen müssten, was so etwa im persönlichen Kontakt kaum möglich sei. Der Umgang mit dem Internet sei demnach eine wichtige Ergänzung der sonstigen sozialen Kontakte, um die Folgen der Behinderung zu beseitigen oder zu mildern und den Behinderten zumindest „virtuell“ in die Gesellschaft einzugliedern.“

Quelle: Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 01.03.2006